
Mosaic, Wien 1998
Die Schauspielschule als Spielfeld emotionaler Experimente und andere Geschichten.
Welcher Zufall, welche Freud, die wintergärtliche Orangerie belebt und bewandert zu finden, denn Jack war da und trug gerade in behördliche Formulare Falschadressen ein. Obrigkeitliches reizt ihn doch immer!
Ich setzte mich zu ihm und spielte verlegen mit einer Dose Herbizid. Benützt er die etwa als Streusalz für seine Brote? Der demütigende Auftritt bei Rainer sass mir noch immer in den Knochen.
«Bin ich denn nichts?» fragte ich Jack. «Was habe ich denn getan, dass er so mit mir umspringt?»
«Teufel auch», sagte Jack und spuckte auf die Erde.
Wo der gelbe Pfropf hingefallen war, sollte so rasch kein Unkraut mehr spriessen. Mit jedem Fluch setzte er die Jätung fort und sprach:
«Du alter, dreckiger Hurensohn, du Häufchen Elend, du stinkiger Kojote, du kleiner, artiger Bockmist, du süsser, was ficht dich an, die maliziöse Sau anzukeilen?» (Jack benutzt gern neue Wortschöpfungen.) «Hat er dich etwa angearscht, du Keiler, das miefige Schnauzwerk, das verruchte? Ha! Ich sehe, du bist am Boden zerstört, du Dreckskerl du! Da kratz dich mal hübsch zusammen und schiebe die Schuld und Ursach deiner Zerknirschung aufs Wetter. Ich kriege Angst bei so viel Kriecherei, wie ihr sie betreibt. Du sollst, verdammt, den Kerl so lange mit den Ellbogen kieken, bis seine steife Visage platzt und du die Maske siehst, die unter seinem Gesicht verborgen ist. Lass dich in Dreiteufelsnamen von einem solchen Mondkalb nicht vernaschen! Guck von mir aus in den Doppelspiegel im Rondell, vielleicht kannst du dein Selbstgefühl damit stärken, dass du dort hundertfach zurückkommst, du Aas, du vergiftetes! Ist es doch ein gutes Sentiment zu wissen, dass du in Person immer noch der Vielfältigere bist.»
Jack lachte schlimm.
Ich wunderte mich etwas über Jackys Aderlass, weil ich gerade seine Bücklinge vor König Rainer am meisten bewunderte. Aber was solls, der Widersprüche sind viele. Schalmeien und Posaunen verkündeten gerade in der ganzen Stadt Rainers Verbleichen, ging Freundes Rede. Ich lauschte mit gespanntem Ohr und hörte wirklich Hupen. Eine Orange fiel mir, überreif, auf den Kopf, und dankbar öffnete ich ihre saftige Schale. Beim Klang von Jackys Stimme beruhigte ich mich langsam. Das Geräusch von vorhin identifizierte ich jetzt als Sirene eine Notarztwagens.